Der wohl repräsentativste Raum der ETH Zürich, die Semperaula im Hauptgebäude, wurde drei Jahre restauriert und instand gesetzt. Interessierte können den Saal im Rahmen von Führungen besichtigen.
2020, knapp 150 Jahre nachdem der Saal eingeweiht wurde, war es an der Zeit, die Aula von Grund auf zu konservieren und zu restaurieren. Nach den Vorarbeiten dauerten die Arbeiten bis Ende 2024 drei Jahre lang.
Daran beteiligt waren aufgrund der Bedeutung der Aula eine Reihe von Expertinnen und Experten wie die Kantonale Denkmalpflege. Das Hauptgebäude samt Semperaula befindet sich im Inventar der Denkmalschutzobjekte von kantonaler Bedeutung und ist ein Objekt von nationaler Bedeutung.
«Der kulturelle und gesellschaftliche Wert des Raumes ist gross, auch weil es der letzte noch weitgehend im Original erhaltene Raum Gottfried Sempers ist», erklärt die zuständige Architektin Christiane Illing von Ruggero Tropeano Architekten. «Die ETH verfügt über einen Schatz von internationaler Bedeutung.»
Verschiedene Massnahmen ergriffen
Die denkmalpflegerischen Massnahmen waren herausfordernd und betrafen den gesamten Saal. Es galt einerseits, den bauzeitlichen Zustand zu erhalten und die ursprüngliche Substanz möglichst wenig zu verändern und andererseits Lösungen zu finden, die den heutigen Gebrauch unterstützen. So wurde der instabile Parkettboden ersetzt, der fragile Ölfarbanstrich an den verschiedenen Bauteilen gefestigt und die Risse, die etwa die Täfelung und Stuckarbeiten durchzogen, wurden ausgebessert. Die Profis hatten dafür aufwendige Materialanalysen durchgeführt, um der Materialität und Farbgebung Sempers gerecht zu werden.
Der Aufbau des Bodens und des Parketts wurde neu geplant und auf Grundlage des ursprünglichen Entwurfs Sempers als Schwingboden mit filigraner Unterkonstruktion neu erstellt. Dies aufgrund diverser Mängel beim bisherigen Boden. Balken hingen durch, weshalb zusätzlich Stahlträger eingebaut wurden.

Die Semperaula aus dem 19. Jahrhundert wurde während drei Jahren restauriert und instand gesetzt. Quelle: ETH Zürich / Ralph Feiner
Herausfordernde Stuckschicht
Sämtliche Wandabschnitte, Basen und Kapitelle der Säulen und Pilaster wurden im Vorfeld 2020 fotografiert. Der Zustand wurde kartiert, die diversen Schäden und
die zu ergreifenden Massnahmen wurden anschliessend vermerkt.
In der Praxis bedeutete dies dann, dass lose Stuckteile wieder eingebunden, Risse und fehlerhafte Stellen im Stuck mit einer eigens entwickelten, im Grauton der Aula eingefärbten Stuckmasse geschlossen, Malschichten auf dem Stuckgrund gesichert und die Oberflächen gereinigt wurden.
Moderne Technik und bessere Akustik
Ausserdem wurden die Akustik verbessert und die Lichttechnik erneuert, um den heutigen Ansprüchen zu genügen. Dafür wurden in den vier grossen Rundbögen
Stoffe gespannt und Dämmflächen geschaffen, um den Schall zu absorbieren. Zur besseren Akustik trägt neben dem verbesserten Boden neu die Ausstattung mit
den ehemals für die Aula hergestellten, gepolsterten Stühlen bei.
«Mit der Restaurierung der Semperaula haben wir einen weiteren wichtigen Schritt zur Erneuerung des Hauptgebäudes geleistet», erklärt Prof. Dr. Ulrich Weidmann,
Vizepräsident für Infrastruktur und Nachhaltigkeit der ETH Zürich.
Die Arbeiten beim Hauptgebäude seien damit aber noch längst nicht abgeschlossen, betont Weidmann: «Die verschiedenen Massnahmen werden uns bei laufendem Betrieb noch Jahrzehnte beschäftigen.» Dieses Jahr geht es mit Sanierungen der Fenster und Fassaden weiter.
Semper, die Aula und die ETH Zürich
Das Hauptgebäude (HG) der ETH Zürich entstand von 1859 bis 1868 nach Plänen Sempers und unter dessen Leitung und der des Architekten Johann Caspar Wolff. Semper war Professor am Polytechnikum, dem Vorläufer der ETH Zürich, und Direktor der Bauschule.
Die Aula, als Teil des HG, wurde 1860 bis 1870 gebaut. Sie gilt als einziger weitgehend original erhaltener, repräsentativer Innenraum Sempers. Die Aula ist reichhaltig ausgestattet, voller Details, mit Stuckdekor und goldenen Konturen sowie in Paris hergestellten Leinwandbildern. Die architektonischen Formen reichen von Vorbildern der römischen Antike bis zur italienischen Renaissance.
Führungen
Meet ETH Tours führt regelmässig durch das Hauptgebäude oder die Semper-Sternwarte. Gruppen können die Thementouren «Auf Sempers Spuren» oder «Hauptgebäude Zentrum» auch privat buchen.